Sprache auswählen

NEUIGKEITEN

Ein Markt in Afrika unter freiem Himmel. Verkäuferinnen und Verkäufer haben ihre Waren auf dem Boden ausgebreitet. Die Stände sind durch bunte Sonnenschirme vor der Sonne geschützt.
In vielen Ländern Afrikas gibt es Antibiotika auch ohne ärztliches Rezept, zum Teil in Apotheken, zum Teil aber auch auf einem Markt, wo man neben Gemüse und anderen Lebensmitteln, alle Dinge des täglichen Bedarfs bekommt und eben auch Antibiotika. Foto von Wietse Jongsma auf Unsplash

Antibiotika-Resistenzen sind ein weltweites Problem. Während die Situation in Europa und den USA gut erforscht ist, gibt es viele Regionen der Erde, über die wenig bekannt ist. In verschiedenen Projekten untersucht der Forschungsverbund Leibniz INFECTIONS die Resistenzlage im südlichen Afrika, wo ungefähr doppelt so viele Menschen an resistenten Erregern sterben wie in Europa. Wie die Resistenzen entstehen, wie sie sich ausbreiten und welche Gegenmaßnamen sinnvoll sind – darum geht es in Folge 7 des Podcasts „Mikroben im Visier“.

Die Situation im südlichen Afrika ist gekennzeichnet durch einerseits mangelnde Versorgung mit verlässlichen Antibiotika und andererseits durch Übernutzung. In vielen Ländern des globalen Südens ist der Zugang zu sicheren und wirksamen Antibiotika eingeschränkt. „Nur etwa die Hälfte der Krankenhäuser hat eine ausreichende Versorgung mit sogenannten Access-Antibiotika“, erklärt Professorin Renate Hartwig, vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Essen in der aktuellen Podcast-Folge von „Mikroben im Visier“. Diese Gruppe umfasst bewährte Mittel wie Amoxicillin oder Doxycyclin – günstig, wirksam und mit geringem Risiko für Resistenzbildung.

Unsichere Qualität

Gleichzeitig sind viele Präparate, die auf den Märkten erhältlich sind, von minderer Qualität. Schätzungen zufolge sind bis zu 20 Prozent der Medikamente in Afrika gefälscht oder wirkungslos – in einzelnen Studien sogar 30 Prozent. Gründe sind u.a. fehlerhafte Lagerung, Fälschungen und fehlende Kontrollen. Hinzu kommt: Antibiotika werden in vielen Regionen „auf Verdacht“ verschrieben – etwa, wenn bei einem fiebernden Kind keine genaue Diagnose möglich ist. „Es fehlt einfach die Diagnostik, um festzustellen, um welche Art von Infektion es sich handelt“, betont die Wissenschaftlerin. Diese Übernutzung führt dazu, dass sich Resistenzen leichter fort- und weiterentwickeln.

Renate Hartwig forscht im Forschungsverbund Leibniz INFECTIONS zur Situation in Ghana, Burkina Faso und im Ostkongo. Dort untersucht ihr Team, wie Antibiotika bei Menschen und Tieren verwendet werden und wie sich Resistenzen verbreiten. Besonders eindrücklich sind die Ergebnisse aus dem Kongo: „Wir finden Resistenzraten von bis zu 80 Prozent – sowohl bei Kühen als auch bei den Personen, die im täglichen Umgang mit den Tieren betraut sind.“ Noch ist unklar, wie genau sich die Keime zwischen Tier, Mensch und Umwelt übertragen – doch die Zahlen zeigen, wie ernst die Lage ist.

Problematische Selbstmedikation

Die Verbesserung der Medikamentenqualität allein reicht nicht aus. In einem Projekt in Burkina Faso hat sie herausgefunden, „dass die Menschen, sobald sie wissen, dass sich die Qualität von Antibiotika am Markt verbessert, auch dazu tendieren, sich viel stärker selbst die Medikamente zu verabreichen.“ Ohne klare Verschreibungsregeln und Kontrollmechanismen kann selbst gute Qualität zu mehr Fehlgebrauch führen.

Nachhaltige Lösungen müssen gemeinsam mit Forschenden und Institutionen vor Ort entwickelt werden. „Das Spannendste an meiner Arbeit ist der Austausch mit den Menschen vor Ort“, sagt die Wissenschaftlerin. Nur so lassen sich Maßnahmen entwickeln, die an lokale Strukturen angepasst sind.

Die wichtigsten Schritte gegen Resistenzen beginnen mit grundlegender Infrastruktur: sauberes Wasser, bessere Hygiene, Abfall- und Abwassermanagement. „Wenn wir allein die Infektionslast verringern, wäre schon ein riesiger Fortschritt erreicht“, so Renate. Zusätzlich notwendig ist der Ausbau von Diagnostik und Überwachungssystemen und nicht zuletzt der Zugang zu sicheren Arzneimitteln.

 

Der Podcast „Mikroben im Visier. Infektionen verstehen, Resistenzen besiegen!“ ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen verfügbar. Hier geht es direkt zur siebten Folge.

 

RenateHartwig FotoRWIINFECTIONS-Forscherin Prof. Renate Hartwig (PhD) leitet die Forschungsgruppe „Bevölkerung und Entwicklung“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Essen. Foto: RWI

Folge1 Instagram infections Podcast

Der Podcast „Mikroben im Visier. Infektionen verstehen, Resistenzen besiegen!“ ist auf allen gängigen Podcast-Plattformen verfügbar. Hier geht es direkt zur siebten Folge.